Rohmilch macht Laktoseintoleranz nicht besser

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    • Rohmilch macht Laktoseintoleranz nicht besser

      Wer normale Milch nicht verträgt, sollte erst recht die Finger von Rohmilch lassen

      Patienten mit Laktoseintoleranz sollten nicht versuchen, sich mithilfe einer Rohmilch-Diät Erleichterung für ihre Darmbeschwerden zu verschaffen. Diese wird zwar vielfach propagiert; eine Pilotstudie aus den USA lieferte jetzt jedoch enttäuschende Ergebnisse.

      Die Vorstellung, dass Rohmilch bei Laktoseintoleranz helfen könnte, beruht auf folgender Prämisse: Die in der unpasteurisierten Milch enthaltenen Mikroorganismen sollen die Laktoseverdauung im Dünndarm unterstützen und somit verhindern, dass der Milchzucker in den Dickdarm gelangt. Im Kolon wird Laktose durch die dort vorhandenen Darmbakterien vergoren. Die Endprodukte dieses Gärprozesses sind zum einen kurzkettige Fettsäuren, zum anderen die Gase Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid. Diese führen zu den bekannten und lästigen Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen und/oder Durchfall.

      Vielversprechende Studienergebnisse liegen bislang nur für unpasteurisierten Joghurt mit beispielsweise Kulturen von Lactobacillus vor: Durch die Aktivität dieser Laktasebildner ließ sich eine Laktosemalabsorption – als solche wird die symptomlose Laktoseintoleranz bezeichnet – signifikant reduzieren.

      Mit Rohmilch scheint das dagegen nicht zu funktionieren: Wie Sarah Mummah und ihr Team von der Stanford University in Kalifornien berichten, war nach deren Konsum nicht nur die Wasserstoffproduktion, gemessen am H2-Gehalt in der Ausatemluft, ungebremst, auch die Beschwerden hielten unvermindert an. Das Laktoseabbauprodukt H2 gilt allgemein als Marker für die Laktosemalabsorption. An Beschwerden wurden Flatulenz, Durchfall, hörbare Darmgeräusche sowie Bauchkrämpfe erfasst.

      Rohmilch versus pasteurisierte Milch

      Mummah und Kollegen hatten in ihre Pilotstudie 16 Patienten mit mittelschweren bis schweren Symptomen einer Laktoseintoleranz aufgenommen. Die Malabsorption war durch ein HBT-(hydrogen breath test)-Screening bestätigt. Jeder der Teilnehmer bekam nun jeweils für acht Tage drei unterschiedliche Milchsorten zu trinken: Rohmilch, pasteurisierte Vollmilch sowie als Referenzprodukt Sojamilch. Auf jeden Zyklus mit einer Milchsorte folgte eine Auswasch-Phase von einer Woche, dann wurde zur nächsten Sorte übergegangen. An Tag 1 sowie an Tag 8 jeder Phase wurde nach dem Milchkonsum jeweils zwölfmal im Abstand von 20 Minuten der HBT durchgeführt. Die dabei ermittelten Wasserstoffkonzentrationen gaben die Forscher als „Area under the curve (AUC) ΔH2“ an, d.h. als Fläche unterhalb der H2-Kurve.

      Gasproduktion steigt

      Nach der ersten Portion Rohmilch zeigte sich entgegen den Erwartungen der Forscher ein deutlicher Anstieg der AUC ΔH2. Die Werte nahmen sogar deutlich stärker zu als nach Konsum von pasteurisierter Milch. Die AUC ΔH2 lag für die Rohmilch bei 113, für pasteurisierte Milch bei 71 ppm x min x 10-2. Zum Vergleich: Teilnehmer, die Sojamilch zu sich genommen hatten, kamen nur auf 5 ppm x min x 10-2. Die Studienhypothese, dass Rohmilch von den Teilnehmern besser vertragen würde als „normale“ Milch, hatte sich demnach nicht bestätigt.

      Überraschenderweise zeigte sich bei der Messung an Tag 8 kaum ein Unterschied zwischen den beiden Sorten „echter“ Milch: Für beide lagen die AUC-Werte jedoch deutlich über denen der Sojamilch. Eine Erklärung für dieses Phänomen haben die Forscher nicht. Die Teilnehmer, so Mummah et al., hatten sich nach einer Woche offenbar an die Rohmilch angepasst, aber das Ausmaß der Adaptation reichte nicht über die Ebene der pasteurisierten Milch hinaus. Für letztere hatte man keine Adaptationsphase feststellen können.

      Symptome nehmen mit der Milchmenge zu

      Enttäuschend war das Ergebnis auch hinsichtlich der Symptome: Die Rohmilch konnte weder Flatulenz noch Durchfall noch Darmgeräusche noch Krämpfe spürbar bessern. Die stärksten Beschwerden korrelierten dabei mit der größten Menge konsumierter Milch (das Maximum lag bei etwa 700 ml pro Tag).

      Größere Studien müssen nun folgen, um die Ergebnisse zu verifizieren. Vorerst bleibt als Fazit: Entgegen anderslautenden „Expertenmeinungen“ gibt es bei Laktoseintoleranz keine Grundlage, Rohmilch zu empfehlen.

      Quelle: springermedizin.de basierend auf: Mummah S et al. Effect of Raw Milk on Lactose Intolerance: A Randomized Controlled Pilot Study. Ann Fam Med 2014; 134–141; doi: 10.1370/afm.1618.