Jeder Sechste ist fettleibig

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    • Jeder Sechste ist fettleibig

      Fast jeder zweite EU-Mitgliedstaat gibt weniger Geld für sein Gesundheitswesen aus als noch im Jahr 2009. Übergewicht und Depressionen nehmen in der Bevökerung zu.

      BRÜSSEL. Infolge der Wirtschaftskrise sind zwischen 2009 und 2012 in der Hälfte der EU-Mitgliedsländer die Ausgaben für das Gesundheitswesen zurückgegangen.

      Als medizinische Folgen macht die von der EU-Kommission und der OECD gemeinsam veröffentlichte Statistik "Gesundheit auf einen Blick: Europa 2014" einen Anstieg von Adipositas und Depressionen unter der EU-Bevölkerung aus.

      Deutschland gehört neben Österreich und Polen allerdings zu den wenigen EU-Staaten, die weiterhin überdurchschnittlich viel für ihre Gesundheitswesen ausgeben.

      Nur in Österreich, Deutschland und Polen stiegen die Gesundheitsausgaben in 2012 leicht an. Die inflationsbereinigten Pro-Kopf-Werte lagen in Deutschland bei 3613 Euro und nur in Österreich wurden mit 3676 Euro und in den Niederlanden (3829 Euro) mehr ausgegeben.

      Der EU-Schnitt lag bei 2193 Euro. Dies wurde nur von den Nicht-EU-Staaten Norwegen mit 4610 und der Schweiz 4565 Euro getoppt. EU-Schlusslicht ist Rumänien mit 753 Euro pro Kopf.
      Gekürzt wird bei Personal und Gehältern

      Im Durchschnitt sind die Gesundheitsausgaben in der EU insgesamt pro Kopf jährlich um 0,6 Prozent in den vergangenen vier Jahren gesunken. Im Vergleich dazu stiegen die Gesundheitsausgaben zwischen 2000 und 2009 noch jährlich um durchschnittlich 4,7 Prozent.

      Gespart wurde vor allem bei Personal und Gehältern im Gesundheitswesen. Dies ging einher mit Kürzungen der an Leistungserbringer entrichteten Entgelte, niedrigere Arzneimittelpreise und erhöhte Zuzahlungen der Patienten.

      Die Einschnitte treffen vor allem die Ärmsten und sozial schwächsten in der EU. Studien aus verschiedenen EU-Ländern belegen den Zusammenhang zwischen finanziellen Notlagen und Adipositas.

      Adipositas tritt häufiger bei benachteiligten Gesellschaftsgruppen auf. Inzwischen gilt mehr als die Hälfte der Erwachsenen in den EU-Ländern als übergewichtig.

      Jeder Sechste (16,7 Prozent) ist sogar adipös, 2002 war es noch jeder Achte. Daher warnen OECD und EU-Kommission vor allem vor den steigenden Gesundheitskosten, die durch Übergewichtige und Fettleibige verursacht werden.

      Auch die Selbstmordraten korrelieren mit den Jahren der Wirtschaftskrise. Die Einnahme von Antidepressiva hat sich in der EU seit dem Jahr 2000 fast verdoppelt. Deutschland lag 2012 mit 52 täglichen Dosen pro 1000 Einwohner knapp unter dem EU-Schnitt von 56 Dosen.

      Die meisten Antidepressiva werden in der EU derzeit in Portugal mit 85 Dosen und im OECD-Staat Island mit 109 Gaben auf 1000 Einwohner verschrieben.

      Während die Suizidrate zu Beginn der Wirtschaftskrise leicht anstieg, scheint sie nun wieder auf den früheren Stand zurückgegangen zu sein. Auch hier lag Deutschland deutlich unter dem Durchschnittswert der EU-Länder.
      EU: Lebenserwartung der Bürger steigt kontinuierlich

      Die EU-Gesundheitsstatistik wartet indes auch mit guten Nachrichten auf: Trotz Einschnitten ins soziale Netz in Folge des Drucks auf die öffentlichen Haushalte und Einsparungen bei den Gesundheitsdienstleistungen steigt die Lebenserwartung der EU-Bürger kontinuierlich.

      Die Lebenserwartung in den EU-Ländern hat sich von 1990 bis 2012 um mehr als fünf Jahre auf 79,2 Jahre erhöht. Im Durchschnitt leben Frauen in den EU-Ländern sechs Jahre länger als Männer. Die geschlechtsspezifische Differenz in Bezug auf die gesunden Lebensjahre - ohne Aktivitätseinschränkung - beträgt allerdings nur ein Jahr .

      Die Zahl der Ärzte stieg in den EU-Ländern zwischen 2000 und 2012 durchschnittlich von 2,9 auf 3,4 je 1000 Einwohner. Einen besonders raschen Anstieg verzeichneten hier Griechenland und das Vereinigte Königreich (um 50 Prozent zwischen 2000 und 2012).

      In allen Ländern gibt es in städtischen Gebieten eine größere Ärztedichte. Viele europäische Länder bieten finanzielle Anreize, um Ärzte in unterversorgten Gebieten anzuwerben und zu halten.

      Lange Wartezeiten für Gesundheitsleistungen sind in vielen europäischen Ländern ein wichtiges politisches Thema. Es bestehen große Unterschiede bei den Wartezeiten für geplante - nicht notfallbedingte - chirurgische Eingriffe. Die Versorgungsqualität hat sich in den meisten Ländern verbessert.

      Trotz weiterhin großer Ungleichheiten insbesondere in den neuen Mitgliedsländern Mittel- und Osteuropas, sind deutliche Fortschritte in der medizinischen Behandlung von lebensbedrohenden Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs in den meisten europäischen Ländern erkennbar.
      Bessere Überlebensraten

      Im Durchschnitt ist die Mortalität nach Krankenhauseinweisungen wegen Herzinfarkt zwischen 2000 und 2011 um 40 Prozent und bei Einweisungen wegen Schlaganfall um über 20 Prozent gesunken.

      Die niedrigeren Mortalitätsraten sind auf eine bessere Akutversorgung und einen leichteren Zugang zu spezialisierten Schlaganfall-Einheiten (Stroke Units) in manchen Ländern zurückzuführen.

      Die Überlebensraten bei Krebs haben sich in den meisten Ländern verbessert, so auch für Gebärmutterhals-, Brust- und Darmkrebs. Die Überlebensraten bei Gebärmutterhalskrebs waren in Polen allerdings über 20 Prozent niedriger als in Deutschland und Schweden, für Brustkrebs lagen sie in Polen fast 20 Prozent unter den Mortalitätsraten in Schweden.

      Angesichts der steigenden Lebenserwartung prognostiziert die Studie der EU-Kommission bis 2060 einen jährlichen Mehrbedarf von ein bis zwei Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts für öffentliche Gesundheitsaufwendungen. Diese würden vor allem für die Langzeitpflege und die medizinische Grundversorgung benötigt.


      Quelle: Ärztezeitung